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'Ich schreib für Dich und jedes Wort aus Liebe'

Briefwechsel, Wien-London 1939-1947

Erschienen am 27.10.2021
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783902951632
Sprache: Deutsch
Umfang: 380 S., 32 Illustr., Farbabildungen: Briefe, Manus
Format (T/L/B): 3.6 x 19 x 14.5 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Am 4. Juli 1939 kann Helga Aichinger 17-jährig mit einem der letzten Kindertransporte nach England emigrieren, ihre Zwillingsschwester Ilse und ihre jüdischen Verwandten bleiben in Wien zurück. Am Tag der Trennung scheint die baldige Wiedervereinigung der Zwillinge nur noch eine Frage der Zeit zu sein, doch aufgrund des Kriegsausbruchs vergehen mehr als acht Jahre bis zum Wiedersehen in London. Der während der Jahre der Trennung geführte Briefwechsel ist ein berührendes Zeugnis der Hoffnungen und des Leids der einander vermissenden Zwillinge. Helga Aichingers Briefe aus den ersten Monaten bieten ein lebendiges Bild des Schicksals einer Jugendlichen im Exil. Von Ilse Aichinger erfährt man vor allem in den Nachkriegsbriefen viel über ihre Arbeit am Roman "Die größere Hoffnung", spürt aber auch am Ton der Briefe selbst, wie sie sich zur Schriftstellerin entwickelt. Die wenigen, kurzen Mitteilungen von maximal 25 Wörtern, die während des Krieges durch das Rote Kreuz übermittelt wurden, zeigen eindringlich, was Krieg und Vertreibung für Familien bedeuten. Die Briefedition enthält nebst den erhaltenen Briefen auch jene Texte, die Ilse Aichinger den Schreiben beilegte: frühe Gedichte, Prosa sowie zwei Vorarbeiten zum Roman "Die größere Hoffnung". Briefe und Karten werden zum Teil auch als Abbildungen präsentiert, ebenso die kleinen Zeichnungen von Helga Aichinger, die später unter dem Namen Helga Michie als Graphikerin und Malerin bekannt wurde. Herausgegeben, kommentiert und mit einem ausführlichen Nachwort versehen wird der Briefwechsel von Nikola Herweg, Leiterin des "Helen und Kurt Wolff-Archivs" für Exilliteratur im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

Autorenportrait

Leiterin des »Helen und Kurt Wolff-Archivs« für Exilliteratur im Deutschen Literaturarchiv Marbach.

Leseprobe

Geliebtestes Helgi, es ist ein kühler Sonntag nachmittag heute, das Zimmer ist eiskalt und finster, Strom ist ausgegangen wie gewöhnlich und zu heizen gibt es vorläufig nichts, aber das sind wir jetzt viele Winter gewöhnt und wir haben gelernt, unsere Herzen als Dauerbrandöfen zu benützen, Sehnsucht ist ein wunderbares Heizmaterial, je mehr man hineinfeuert, desto mehr bekommt man davon. Kleines, Liebes, ich hab in meinem letzten Brief geschrieben, daß wir versuchen müssen, in unseren Briefen kleine und kleinste Dinge aus unserem Leben zu schildern, um die Schleier zwischen uns zu zerreißen, in kleine Dinge wollen wir versuchen, unsere grenzenlose Liebe einzufangen, sie muß uns wärmen und stärken, bis wir uns wiedersehn, aber auch Du mußt schreiben, alles, was Du für Kleider trägst, an welchen Gott Du glaubst, was Du für Bücher liest und was du träumst, alles, denn wir brauchen das, um die Zeit zu ertragen, bis wir zu Euch können! Bitte tut alles, daß es bald ist, wie wir hier alles tun, um hinauszukommen, nur zurück darfst du nicht, mein Kleines, ihr würdet hier seelisch und körperlich zu Grund gehen! [.] Ilse Aichinger an ihre Schwester Helga, 11. November 1945

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