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Habemus Papam

Der Wandel des Joseph Ratzinger

Erschienen am 14.08.2006, Auflage: 1/2006
9,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442154159
Sprache: Deutsch
Umfang: 368 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 18.4 x 12.7 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Warum wurde ein Deutscher Papst und welche Bilanz zieht Benedikt XVI. nach einem Jahr im höchsten Amt der Kirche? Andreas Englisch hat Johannes Paul II. wie Benedikt XVI. fast zwei Jahrzehnte lang im Vatikan und auf Reisen rund um den Globus begleitet. Sein Buch zeichnet aus nächster Nähe ein lebendiges Bild beider Päpste sowie der Vorgänge im Innersten des Vatikans. ? Der SPIEGEL-Bestseller erstmals im Taschenbuch, mit exklusivem Zusatzkapitel: Die wichtigsten Ereignisse seit der Papstwahl.

Autorenportrait

Andreas Englisch lebt seit 1987 in Rom als Vatikan-Korrespondent. Er stand in engem Kontakt zu Papst Johannes Paul II. und hat Benedikt XVI. auf vielen Reisen begleitet. Er ist Autor der Bestseller »Johannes Paul II.«, »Habemus Papam« und »Die Wunder der katholischen Kirche«.

Leseprobe

1 Weißer Rauch Dienstag, 19. April 2005, 17.43 Uhr auf dem Petersplatz: Aus dem Ofenrohr über dem Dach der Sixtinischen Kapelle steigt plötzlich weißer Rauch auf. Mehr als 40000 Menschen auf dem Platz klatschen frenetisch, dann scheint der Rauch dunkler zu werden. Hat die Welt einen neuen Papst oder nicht? Das fragen sich in diesem Augenblick Millionen Menschen auf der ganzen Welt. War es doch kein weißer Rauch? Die Menschen starren wie gebannt auf die Glocken am Petersdom. Der päpstliche Zeremonienchef Bischof Piero Marini hatte vor dem Einzug ins Konklave im Pressesaal des Heiligen Stuhls versichert: 'Dieses Mal werden die Glocken läuten, wenn der neue Papst gewählt wurde.' Doch die Glocken bleiben stumm. Der Rauch scheint jetzt heller, die Menge schreit immer wieder: 'Es ist weißer Rauch!' Doch die Minuten verstreichen, und die Glocken bleiben noch immer stumm. Dann endlich um 17.54 Uhr setzen sich die Glocken in Bewegung. Die Menge applaudiert begeistert. Jetzt besteht kein Zweifel mehr, es ist sicher, dass die etwas mehr als eine Milliarde Katholiken der Welt ein neues Oberhaupt haben. Der Papst wurde gewählt. Ein Meer aus Menschen ergießt sich aus der römischen Innenstadt auf die andere Seite des Tiber zum Vatikan, auf die Via della Conciliazione, die für den Verkehr gesperrt wurde. Es kommen Hunderttausende, sie haben ihre Büros verlassen, die Geschäfte geschlossen, ihre Kinder und Enkel mitgebracht, um den neuen Papst zu sehen. Es schien die gleiche unermessliche Menschenmenge zu sein wie am Tag des Todes von Papst Johannes Paul II., dem Abend des 2. April. Doch damals strömte ein stilles, trauriges, irgendwie verlassen wirkendes Menschenmeer zum Petersdom; diesmal kommt eine aufgeregte, ausgelassene, fröhliche Menge. Der Vorhang am Balkon des Petersdoms bewegt sich, die Menschen applaudieren. Ein Fernsehteam von der ARD steht plötzlich vor mir, um mich als Bestsellerautor und Vatikanfachmann zu interviewen, und natürlich stellt es die 100000-Dollar-Frage: 'Wer wird der nächste Papst sein?', werde ich gefragt. Der Vorhang hinter mir bewegt sich ein weiteres Mal. Ich weiß, dass ich mich jetzt zum Deppen machen kann. Ich überlege, ob es nicht besser wäre, nur vage zu antworten und zu sagen: 'Die Kardinäle werden sicher den richtigen Mann gewählt haben', oder so etwas Ähnliches. Aber innerlich habe ich keinen Zweifel mehr. 'Die Kardinäle können nur einen der Stars gewählt haben', sage ich, 'wahrscheinlich wird Kardinal Joseph Ratzinger der nächste Papst sein.' Der Interviewer scheint mit meiner Antwort zufrieden zu sein, aber nicht so recht an meine Prognose zu glauben. Dabei war eigentlich alles klar. Der weiße Rauch stieg um kurz vor 18.00 Uhr auf - das bedeutete, dass die Kardinäle nur vier Wahlgänge gebraucht hatten. Das bedeutete auch, dass es völlig unmöglich war, dass ein Außenseiter es geschafft haben könnte, sich in nur vier Wahlgängen durchzusetzen. Es gab nur eine Möglichkeit: dass einer der Kardinäle, die bereits über viele Stimmen verfügten, den Durchbruch geschafft hatte. Und von allen Spitzenkandidaten gab es nur einen, der auf eine solche Vielzahl von Stimmen zählen konnte: Kardinal Joseph Ratzinger. In jedem Konklave versuchen die Kardinäle, so rasch und so einig wie möglich den Mann zu wählen, den Gott für die Aufgabe, sein Vikar auf Erden zu sein, ausgesucht hat. Dieser Glaube der katholischen Kirche, dass der Heilige Geist in Wirklichkeit den Nachfolger Petri bestimmt, führt dazu, dass die Kardinäle sich beeilen müssen. Sonst sähe es so aus, als ob es den Kardinälen nicht gelänge, den Mann zu erkennen, den Gott vorherbestimmt hat. Wenn ein Kardinal also schon über eine gewisse Anzahl von Stimmen verfügt, dann steigert sich der Druck auf die anderen Kardinäle, und sie brauchen dann schon gute Gründe oder einen guten anderen Kandidaten, um einen Mann nicht zu wählen, auf den sich bereits viele Kandidaten geeinigt haben. Aber es gab noch Zweifel: Es konnte auch eine Überraschung geben. Leseprobe